Mark

Studentenleben

Nach fast drei Wochen auch mal wieder was von mir: der Studentenalltag hat sich hier langsam eingestellt. Auch wenn die Uni hier wesentlich stressiger ist, sind die Kurse auch total interessant und spannend. Die Auswahl ergab sich wie folgt: Ich hatte die Wahl zwischen einem Kurs zu Internationalem Recht und einem Kurs zur Außenpolitik Israels. Beim Internationalen Recht meinte der Dozent, er wäre Berater im Außenministerium gewesen. Dachte ich mir, oh, der hat bestimmt eine Menge zu erzählen, der Kurs klingt auch spannend, geh ich hin. Dann bin ich bei dem Außenpolitik-Kurs, sagt der Dozent er war Berater von Golda Meir, Premierministerin Israels. Damit war die Entscheidung klar: Premierministerin trumpft Außenministerium… schade 😛 Nein. Der Außenpolitik-Kurs war wirklich besser. Der Dozent ist seit Staatsgründung dabei, da war er noch ein Kind. Die UN Versammlung in der die UN-Resolution mit welcher der Teilungsplan verabschiedet wurde, hat er live im Radio mitverfolgt und die Länder abgehackt. Seine Worte: “And as the French said ‘oui’ – I knew that everything would be fine.” (Und als die Franzosen ‘oui’ sagten  wusste ich, dass alles gut wird.) Gelebte Geschichte.  Einen Kurs zu Antisemitismus weil es mich interessiert und naja, der Kurs zu „Israel – Politics and Society“ wurde in dem Moment in den Stundenplan aufgenommen als der Professor in der ersten halben Stunde erstmal abgeklärt hat, wer denn am Ende des Semesters Lust auf ein „Beeeeer Festivaaaal“ hat. Habe ich.

Hebräisch gestaltete sich anfangs als Herausforderung da die bereits einen viel umfangreicheren Wortschatz hatten. Aber an Grammatik konnte ich schon alles und inzwischen bin ich auf dem gleichen Level wie die anderen. Nur witzig dass eine der beiden Lehrerinnen extrem enthusiastisch ist und vorne rumspringt wie von sonstwas gestochen und man immer parat sein muss, möglicherweise drangenommen zu werden – und wehe man weiß die Antwort nicht. Dann bläht sie sich immer so komisch auf. Neulich hat sie eine zum heulen gebracht, die hat danach die Klasse gewechselt. Ich find sie lustig. Also die Lehrerin. Achso, und was andere Menschen lustig finden: im Hebräischunterricht was ans WhiteBoard schreiben müssen und anstatt nach einen von diesen Stiften nach dem Lippenstift der Lehrerin zu greifen… 8.30Uhr ist aber auch eine extrem studentenunfreundliche Zeit…

Mit meiner WG ist auch voll gut, ich glaub von David, dem fünften Mitbewohner habe ich noch nicht erzählt, der war als ich ankam grad in Istanbul für einen kurzen Ausflug. Wir kochen öfter, gehen feiern, meistens organisiert von Nicole, was David einmal mit „Nicole is gathering the troops again“ – „Nicole sammelt wieder die Truppen.“ kommentierte. Neulich waren wir in einem Club namens „Golda“, benannt nach der erwähnten Premierministerin. Bin mal gespannt wann es bei uns einen „Helmut“ gibt – muss ja keiner wissen, welcher gemeint ist.

Letzte Woche war ich auch mit Nicola, meiner Kommilitonin aus Berlin in Yad Vashem, der Holocaustgedenkstätte. Das hat Eindruck hinterlassen und ist auch eine so umfangreiche Ausstellung, dass wir es nicht geschafft haben zu den einzelnen Gedächtnisorten im Park zu gehen. Die Ausstellung schließt mit der „Halle der Namen“ in der Ordner mit den Namen der Opfer des Holocaust, sofern bekannt, sowie einer kurzen Biografie aufbewahrt werden. Ungefähr 2/3 sind bekannt, also etwa vier Millionen Menschen – in der Halle stehen unglaublich viele Ordner. Mir wurde irgendwie erst dort bewusst, auch wenn es trivial klingt, dass der Holocaust in genau dieser Sprache organisiert und durchgeführt wurde.

Letztes Wochenende war ich bei Daniel und Johanna in Rischon leZion, einer Kleinstadt bei Tel Aviv. Die beiden kenne ich über Yan aus Berlin, Yan hat mit Johanna Abi gemacht. Wir haben uns Tel Aviv angeschaut, eine schöne Stadt mit Bauhaushäusern und abends waren wir bei Danis Eltern und seinem Bruder Chan zum Shabbat Dinner eingeladen. Das war extrem witzig. Danis Vater mag Wodka und Trance und als sie hörten dass ich einen Kurs in biblischem Hebräisch letztes Semester besucht habe, haben sie mir eine kleine Bibel samt Widmung geschenkt. Das Gespräch am Tisch war ein Mischmasch aus Englisch, Hebräisch und Deutsch und trotzdem konnten sich alle verständigen. Außerdem habe ich einen Freund von Dani kennengelernt, der in der Negev Wüste wandern war. Challenge accepted – für Januar oder so. Und während Deutschland im Schnee versank lag ich Samstag am Strand, hehe. Aber am Tag zuvor hatte es geregnet, also als wir in Tel Aviv waren. Deswegen blühten dann am Samstag auch ein paar Blumen auf den Dünen was Daniel mit „So eine s-chööne S-cheissse“ kommentierte.

Am Sonntag wollten wir uns die Knesset anschauen, waren aber zu spät. Das war dumm.

Ansonsten ist heute Halloween-Party in der Studenbar hier im Wohnheim. Die hat letzte Woche Mittwoch aufgemacht, voll günstig – und das Bier ist es auch. Ich weiß wer morgen nicht zu Hebräisch geht. Verkleiden muss man sich auch, ich bin heut so ein obercooler Basketballspieler und meine Mitbewohnerinnen sind römische Frauen in Togen (ist das die Mehrzahl?) und sind jetzt sehr besorgt, dass alles hält (cool, mein erster Cliffhanger).

Bilder wieder hier: http://immermued.jimdo.com/

Shalom Jerusalem

Nachdem ich nun Ewigkeiten warten musste und meine gesamte schöne neue Prepaid-Karte mit dem Internetmenschen vom Studentendorf vertelefoniert habe bin ich nun seit gestern endlich online. So kann ich jetzt auch ein bisschen was schreiben, los ging es in Berlin Tegel, ich wurde sehr nett verabschiedet, ich habe noch in Neukölln ein schönes Abendbrot gegessen und wurde dann von Leonie, Hannah, Martin und Albi zum Flughafen gebracht. Wir haben gewunken und Albi hat ein Foto von mir vorm Sicherheitscheck gemacht. Der Flug war anstrengend weil es mitten in der Nacht war, ich groß bin und Sitzreihen eng und kleine Kinder so tun müssen, als müssten sie weinen. Aber ich bin gut angekommen, 3 Uhr wars, habe mich auf dem Ben-Gurion-Flughafen dreimal verlaufen  und dann einen sogenannten Sherut nach Jerusalem gefunden. Das sind Kleinbusse in denen die Fahrer ihre Passagiere dann direkt zu der von ihnen angegeben Adresse bringen. Also ungefähr so wie der Fahrende Ritter bei Harry Potter, nur ohne plötzliches Auftauchen und Verschwinden. Ich habe nur nicht viel gesehen, war noch dunkel. Im Studentendorf angekommen, das war so um 5, hab ich mich auf eine Bank gelegt und geschlafen. Nachdem ich registriert war und alles in meinem Zimmer stand, meine Mitbewohner waren nicht da, bin ich dann erstmal mit Nicola, meine Kommilitonin aus Berlin, auf den Markt namens Yehuda Mahana gegangen, das war sehr eindrucksvoll und voll. Abends waren wir was trinken und da kannte ich dann schon sehr viele Leute, unter anderem einen Dresdner. Den nächsten Tag war ich dann nochmal in der Stadt, ein bisschen was einkaufen und hatte am Nachmittag einen Termin bei meinem sogenannten academic advisor. Dann kamen auch meine Mitbewohnerinnen an, die waren in Tel Aviv für ein paar Tage. Das sind drei Mädls aus den USA, Nicole, Lucia und Elana und sie sind sehr nett und ich habe einen leichten Kater weil sie mich gestern zum Trinken verleitet haben. Außerdem war ich gestern (bevor ich was getrunken habe) in der Altstadt, habe die Grabeskirche und die Klagemauer gesehen, außerdem ist die Altstadt an sich sehr schön und verwinkelt und man verläuft sich. Ich hatte nur meine Kamera vergessen, das war dumm – und dass ich meine Sonnenbrille verloren habe auch. Danach waren wir nochmal auf dem Markt und ich habe Käse gekauft.  Achso, und gestern war ja Freitag und da haben wir Shabbat gefeiert. Also der Tag beginnt im jüdischen Kalender am Abend sodass am Freitagabend Familie und Freunde zusammen kommen und essen und trinken. Da waren wir bei einer jungen Familie die das irgendwie immer für Studenten macht. Das ist voll nett und kostenlos 😛 Finanziert wird das wohl über Spenden und Elana meinte auch, dass Juden überall auf der Welt, wenn sie irgendwo zu Gast sind oftmals von den dort wohnenden jüdischen Familien zum Shabbat eingeladen werden. Ist also Tradition und voll lecker. Es gab Hühnchen und „Kugel“ (so hieß das glaube ich), das ist wie eine Art Kuchen aus Kartoffeln. Glaube ich. Bin mir grad nicht sicher. Schmeckte aber gut. Und Chumus, so ein Brei aus Kichererbsen. Und danach waren wir gestern wie gesagt noch feiern. Zwei große Leinwände mit Feuerimitation, neben englischer auch israelische Remixe (was ist die Mehrzahl?), krasse Security und Anstoßen mit „Le Chajim“ – „Auf das Leben“ 🙂

So, das wars. Morgen geht bei mir die Uni los. Also auch nicht so richtig, eher so eine generelle Information und dann erst Montag.
Inhaltsgleich aber mit einigen wenigen Bildern:

http://immermued.jimdo.com/

Eine Antwort zu Mark

  1. Chris schreibt:

    Das hört sich super an Mark, ich hatte Spaß beim Lesen 😀
    Halt uns weiter so auf dem Laufenden!

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